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Habe ich das richtige Pferd?

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Muss es der lackschwarze junge Superhengst sein,
nur weil es gerade IN ist
und Daddy das Geld hat den zu kaufen?
(Überspitzt gesagt)

Irgendwie beneidenswert wenn man das „Glück“ hat reiche Eltern zu haben die einem Top-Pferde kaufen, oder?
Speziell toll wenn diese Kinder gerade mal E Niveau reiten können und die Eltern gar keine Ahnung von Pferden haben.
Noch besser ist es wenn dann dieses Top-Pferd nach ein paar Monaten kurzerhand ersetzt wird, weil der Gaul dann doch nicht so läuft… und natürlich das Pferd daran Schuld ist…
Oder auch ein super Bild: kleines Reitpony mit einem 1,80 Meter großen Reiter drauf…

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Ich will hier niemanden den Spass an seinem Pferd nehmen, hier kommen nur ein paar persönliche Gedanken weil das leider noch häufig zutrifft.

Es nervt mich wenn die Pferde dann ausgetauscht werden als wären sie eine Ware nur weil genug Geld vorhanden ist um sich das leisten zu können. Mir wäre es einfach lieber es würden sich die Menschen einfach mehr Gedanken machen vor dem Pferdekauf.
Einen „Megakracher“ muss man auch reiten können und solche Pferdetypen brauchen tägliche Arbeit (und ich meine Arbeit – nicht bloß mal eben schnell laufen lassen weil man wenig Zeit hat).

Es gibt viele Pferde die einfach schon mal rein von der Statur nicht zum Reiter passen.
Ich kann mir doch nicht wenn ich sehr groß gewachsen bin und somit auch dementsprechend Gewicht auf die Waage bringe einen kleinen Araber kaufen, nur weil es gerade „schick“ ist und Araber ja soooo hübsche Rassepferde sind.
Der Rücken eines Pferdes ist eigentlich auch nicht dazu gedacht Reiter durch die Gegend zu tragen und wenn wir schon reiten dann bitte mit Rücksicht auf den Pferderücken, sprich: ein 150 Kilogramm schwerer Mensch hat auf einem kleinen Araberrücken nichts verloren! – Auch nicht wenn der gut trainiert ist und eine gute Rückenmuskulatur hat…
Ist es nicht logisch dass das Pferd zum Körper des Reiters passen muss???

Und was ist mit den Reitern die meinen wenn sie sich ein Pferd kaufen das schon sehr gut ausgebildet ist, das sie mit diesem Pferd dann auch hoch Springen können oder Pirouetten in der Dressur reiten können?
Ganz bestimmt nicht, zumindest nicht auf Dauer, reines Wunschdenken.
Ich glaube dass viele die vielleicht gerade mal A Niveau reiten, denken mit einem S ausgebildetem Pferd gleich oben mitreiten zu können. Kennt ihr nicht auch jemanden der sein Pferd alle paar Monate austauscht, weil das Pferd  einfach nicht mehr gut genug ist?
Haha, das Pferd ist nicht mehr gut genug… wohl eher: der Reiter ist einfach zu schlecht und hat das Pferd verritten!!!
Sorry, aber Pferde sind keine Sache, Ware oder Dinge. Pferde sind Lebewesen die es zu respektieren und verstehen gilt.

Kein Pferd-Reiter-Team harmoniert von Anfang an miteinander, das ist Fakt.
Man muss zusammenwachsen, miteinander durch Höhen und Tiefen gehen, voneinander lernen – vor allem: der Reiter. Wer glaubt denn ernsthaft dass er ein Pferd dauerhaft reiten kann dass zB. S-Niveau hat und der Reiter hat gerade mal die Lizenz geschafft?
Also wer das glaubt, der glaubt wohl auch an „warme Eislutscher“.
Wäre es nicht besser erstmal mit einem „Professor-Pferd“, also ein Pferd dass schon im Turniersport erfolgreich war und nur aus Altersgründen verkauft wird, erst einmal sitzen und Lektionen reiten zu lernen?
Muss es ein junges Pferd sein,dass dann nach kurzer Zeit von einem Laien nicht mehr händelbar ist und wieder verkauft wird?
Ein erfahrenes Pferd zu kaufen, einen erfahrenen Trainer an der Seite zu haben der auch nach dem Kauf hilft, kann durchaus eine gute Idee sein damit man von dem Pferd lernt und durch den Trainer das Niveau des Pferdes hält.
Hat man dann die entsprechende Erfahrung gesammelt über Jahre, darf es dann auch ein jüngeres Pferd sein.

Dann gibt’s noch so spezielle Kandidaten die viel Geld sparen für ein tolles gut ausgebildetes Pferd und vergessen genug Reservegeld für die laufenden Unterrichtskosten beiseite zu legen.
Ja, richtig gelesen.
Wer mit einem guten Pferd reiten lernen möchte muss mindestens 2 bis 3 mal in der Woche Unterricht nehmen bei einem Profi.
Die Sitzschulung des Reiters und vieles mehr sind dann essentiell.
Profis und deren Unterricht sind aber meist teuer, da kommen dann im Monat ganz schnell mal 10 Privatreitstunden und auch mal Beritt um das Niveau des Pferdes zu halten, hinzu.
Wer sich da nicht helfen lässt, ist selber Schuld und bekommt bald die Quittung präsentiert.
Seid euch im klaren darüber dass die richtig guten Pferde auf Nuancen reagieren und bei den kleinsten Sitzfehlern sofort reagieren, meist aber nicht vom Reiter gewünscht.
Was nützt euch der lackschwarze Traumhengst wenn ihr ihn nicht händeln könnt?
Glücklich wird man nicht damit und reiten soll eigentlich unser Freizeitvergnügen sein.
Kauft euch ein Pferd das zu eurem reiterlichen Ausbildungsstand passt und lasst die Finger von den Überfliegern die ihr auf Dauer nicht reiten könnt.

Was ist wenn dem neuen Pferd der „alte“ Sattel nicht passt?
Bitte auch hier bedenken, das es sein kann dass ein neuer Sattel gekauft werden muss!

Nächster Punkt:
Jedes Pferd und jeder Mensch hat seinen eigenen individuellen Charakter. Sucht euch bitte ein Pferd aus das auch vom Wesen her zu euch passt.
Ein Choleriker und ein sensibles, scheues Pferd passen wohl nicht zusammen, oder? Überlegt euch vor dem Pferdekauf welcher Typ Pferd zu euch passt.
Das scheue, sensible Tier? Oder doch eher eine Herausforderung wie ein Schlitzohr oder ein eher hysterisches Pferd?
Es gibt auch sehr ruhige Zeitgenossen die so leicht nichts aus der Ruhe bringt, diese Pferde passen dann am besten zu eher ängstlichen Reitern.

Der Charakter sollte also auch unbedingt mit einbezogen werden in die Kaufüberlegung.
Passt die Pferderasse zu mir?
Klar, es gibt Pferderassen, von denen man  sagt, dass sie für Anfänger eher geeignet sind (Haflinger, Norweger, etc.) und welche von denen man sagt, sie seien es weniger (Pferde die hoch im Blut stehen, Trakehner, Hengste aller Rassen). Dennoch sollte man das nie verallgemeinern. Hier spielt auch der Charakter eine große Rolle der auch bei jeder Rasse wieder individuell sein kann. Natürlich gibt es  gewisse Richtlinien, verallgemeinern kann man diese jedoch nicht. Es gibt auch nervöse Noriker, auch wenn die die Ausnahme sind.
Ein Anfänger braucht auf jedenfalls ein ruhiges, sicheres Verlasspferd mit dem er Sicherheit beim Reiten gewinnen kann.
Wenn ein Pferd zum schwierigen Problempferd wird, liegt das fast immer am Unvermögen des Reiters, deshalb sollte man sein Glück auch nicht von der Pferderasse, sondern vom reiterlichen Können und dem individuellen Charakter eines Pferdes egal welcher Rasse abhängig machen.

Ich lehne mich jetzt wahrscheinlich weit aus dem Fenster, aber ich glaube auch dass viele Reitlehrer die einfach noch nicht gut genug sind, einen „Damon Hill“ zB nicht reiten könnten.
All diese Spitzenpferde brauchen gute Reiter und Trainer und auch diese Paare müssen zusammenfinden.

Auch ein Punkt den man bedenken sollte, ist das Alter des Pferdes.
Ich werde nie verstehen warum es immer der junge 2 oder 3 jährige sein muss.
Was soll das?
Ein junges Pferd auszubilden benötigt doch eine gewisse Erfahrung, da kann man soviel kaputtmachen das nie wieder reparabel ist.
Ok, vielleicht gibt  es auch hier Ausnahmen, aber das sind Einzelfälle.
Und bitte bedenkt auch: reel ausgebildet bedeutet das ein, zwei Jahre vorwärts-abwärts reiten – NICHT hohe Lektionen reiten, die Pferde sind noch im Wachstum und gehören reel und schonend ausgebildet.
Alles was hier falsch gemacht wird, rächt sich noch Jahre danach.
Keine Frage, junge Pferde werden auch von erfahrenen Trainern „kaputt geritten“, das ist aber leider oft Profitgier der Profis.
Schnell zum Erfolg und am besten schnell hochpreisig verkaufen.
Auch hier gilt: nicht alle sind so, aber leider viele.
Jemand mit soliden guten Reitkenntnissen kann sich auch ein junges Pferd kaufen und selber ausbilden, das ist vielleicht auch die sicherste Variante um zu wissen wie das Pferd ausgebildet wurde und mit welchen Methoden, aber bitte nicht als „Anfänger“ oder jemand der gerade mal E Niveau reitet.
Kauft euch schon dann lieber einen Professor, ein LEHRPFERD von dem ihr lernen könnt und das euch Sicherheit gibt und nicht ein Pferd das dynamisch ist und „rumspinnt“.

Es sieht so einfach aus wenn man den Profis beim Reiten zusieht.
Manche der Profireiter im Spitzensport zum Beispiel, die sitzen auf den Pferden und es sieht alles einfach aus, oder man sieht eben bestenfalls gar keine Hilfen.
Irgendwie kann ich ja verstehen dass dann der Glaube entsteht: die Pferde machen das alles von alleine.
Wenn man das glaubt, sollte man sich vielleicht lieber die „Wendy“ kaufen als ein Pferd…

Hartes Training auch für die Profireiter steht täglich auf dem Programm. Das sind aber Profis, sprich: die machen nichts anderes ausser reiten, es ist deren Job.
All die Profis machen nebenbei Ausdauersport und Fitnesstraining und beschäftigen sich tagtäglich mehrere Stunden mit den Pferden.
Jeder von uns Freizeitreiter sollte sich also gut überlegen was er für seine reiterliche Zukunft will.
Lernen und Spass haben mit dem Pferd, oder von Katastrophenstunde zu Katastrophenstunde reiten, dabei verzweifeln und den Spass verlieren?

Ausnahmen bestätigen die Regel und auch die gibt es! Das will ich hier auch nicht bezweifeln.
Es muss einfach für Pferd und Reiter passen und auch was die Beiden miteinander mal erreichen wollen.

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  1. Anja Auberger

    Super Artikel – dem gibt’s nichts hinzuzufügen….. vielleicht kann ich eine Frage beantworten – bezüglich der Jungpferde mit top Pedigree – sie sind einfach noch halbwegs erschwinglich, wenn sie „nur“ leicht angeritten sind, in den Köpfen der Neubesitzer sieht man schon die Ahnentafel im Grand Prix tanzen (oder strampeln)…. schließlich ist jeder ja im Stande seinen Neuerwerb auszubilden… auf den richtigen Trainer kann verzichtet werden, der kostet, soll ja billig bleiben, als Normalo hat man ja nicht immer das Geld, 3 mal die Woche nen Profi zu bezahlen – Junge – 40 Minuten Einzeltraining und 20 Euronen sind schon weg…. dann noch die Box dazu… von Schmied, Tierarzt, regelmäßigen Sattelkorrekturen red ich ja noch gar nicht, braucht der ja auch nicht, ist jung, hält schon was aus…. Beritt? Hilfe – das ist definitiv zu teuer… na der lackschwarze Nachwuchs-Star wird schon so was und wenn nicht, mit dem Papier kriegt man den dann schon wieder an den Mann oder die Frau….. am besten über nen „seriösen“ Verkaufsstall… oder man tauscht da einfach ein, ist ja auch gängig…. da findet sich dann schon Einer…. Hauptsache die Lackierung passt zur neuesten Schibi Schabi, wäre ja schade drum, wenn die Eski-Kollektion umsonst gekauft worden wäre……. ich versteh es auch nicht….. ich versteh mittlerweile nur, warum soviele eigentlich herzensgute Pferde als unreitbar eingestuft werden…. Reiten = Prestige, die Liebe zum Pferd bleibt auf der Strecke….. nochmals danke für den tollen Artikel, vielleicht denken wenigstens ein paar Hobby-Reiter nach, bevor das nächste Pferd einzieht…..

  2. Klasse geschrieben und man hört definitiv raus, dass du dich beim schreiben richtig aufgeregt hast 😉

    Das schlimme ist immer, das Papa das Kleingeld hat, um Töchterchen sofort das Pferd tauscht, wenn es nicht mehr passt… Ist ja einfach, bei ner Jeans geht es genauso.
    unser Sportgerät ist nun einfach mal ein Lebewesen mit eigenem Kopf und 10fachem Gewicht….

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