Der mögliche Aufbau einer Trainingseinheit beim Reiten
Also ich hatte das jetzt als „Wunschfrage“ per Nachricht:
„Wie kann ich ein Training sinnvoll aufbauen – Wie machst du das?“…
Das ist natürlich allgemein schwer zu beantworten weil:
a) Es auf das Pferd individuell ankommt (Trainingszustand, Rasse, Alter) und
b) auf das reiterliche können und
c) die Art der Trainingseinheit (Cavaletti – Dressur – Arbeit mit Dualen – Bodenarbeit).
Natürlich beantworte ich aber alle Fragen so gut ich kann – auch aus der Ferne – und versuche eben jetzt auch diese Frage so gut es geht zu beantworten.
Sinnvoll ist es auf jeden Fall sich einen guten Trainer vor Ort zu holen der INDIVIDUELL auf das Pferd- Reiter Paar eingeht.
Bedeutet auch individuell auf den Reiter und seine Figur wegen dem Sitz.
Jeder kann nicht nach Lehrbuch sitzen, auch hier ist alles individuell zu betrachten (eventuelle Krankheiten die den Reiter an bestimmten Bewegungen hindern, etc. … gute Reitlehrer finden eine Lösung).
Ich erzähle euch jetzt einfach mal was ich aktuell mit meinem Pferd ( Legolas – 6 Jahre – Warmblut) mache.
Ich habe Legolas seit ungefähr 5 Monaten in meinem Besitz und versuche ihn so vielseitig wie möglich auszubilden.
Das bedeutet für uns ein relativ abwechslungsreiches Training mit gymnastizierender Dressurarbeit, kleine Ausritte, spazieren gehen, kleine Cavalettis und Stangenarbeit, Arbeit mit Dualen und Bodenarbeit.
Manchmal schwierig weil auch bei uns eine Woche nur 7 Tage hat aber irgendwie schaffen wir es maximal zwei Tage hintereinander Dressur zu arbeiten. Mehr würde ich persönlich bei einem jungen Pferd nicht machen – zwei Tage Dressur und dann was „lustiges“ für das Pferd.
Ich habe keinen Druck und möchte auch nicht auf ein Turnier gehen – das bedeutet ich habe keinen Stress bei der Ausbildung…
Wenn ich merke es wird ihm zu viel oder zu anstrengend beim Reiten dann lege ich eine Schrittphase am langen Zügel ein.
Bitte: ich spreche hier von mir (Freizeitreiter – keine Turnierambitionen) und meinem 6 jährigen Pferd und will nicht behaupten immer alles richtig zu machen, aber ich kann diese Frage eben nur so beantworten wie ich das mache.
Also mein aktueller Aufbau (im Moment ! ) einer Trainingseinheit Dressur:
Immer 20 Minuten Schritt zum aufwärmen.
Davon gehe ich die ersten 10 Minuten ca. zu Fuß mit ihm – erstens weil ich da mich selbst ein wenig aufwärme wenn ich flott gehe und zweitens weil ich ihm nicht das Gefühl von Stress vermitteln möchte.
Die zweiten 10 Minuten steige ich dann auf, reite zuerst am langen Zügel ein paar Runden um ihn schön schreiten zu lassen.
Gerade der Schritt ist eine enorm wichtige Gangart und wird leider bei vielen Pferden oft vom Reiter weggeritten.
Wichtig ist das mein Pferd lernt von selber zu schreiten ohne dass ich wie wild treiben muss. Also lasse ich den Zügel ganz lang und gebe kleine Impulse aus dem oberen Teil der Wade. Reagiert er und geht schön vorwärts höre ich ganz auf zu treiben und sitze nur locker mit der Bewegung mit. Wenn er wieder langsamer wird kommen wieder die kleinen Impulse aus der Wade… Er soll einfach lernen selber zu schreiten- wichtig für mich.
Von heute auf morgen geht das natürlich nicht und Geduld ist sowieso wichtig beim Training.
Verbesserungen merkt man aber relativ schnell. Dann versuche ich langsam den Zügel aufzunehmen und das Grundtempo beizubehalten. Sollte jetzt das Pferd spannig werden oder verkürzt gehen – wieder Zügel lang.
Das ist einfach individuell zu betrachten.
Man kann auch einfach am langen Zügel antraben und erst im Trab aufnehmen zum Beispiel sollten die Basics im Schritt noch nicht funktionieren. Meiner Meinung nach immer noch besser als spannig Schritt wegreiten oder gar einen Passgang reinzureiten…
Gut, nach den 20 Minuten Schritt antraben und erst mal leichttraben.
Auch hier ist die Dauer wieder individuell und auch Tagesformabhängig.
Nicht jeder Tag ist gleich. Wichtig ist den TAKT zu erhalten.
Oft sieht man völlig übereilte Pferde beim leichtreiten oder eben beim lösen im Trab.
Viele jagen die Pferde im Stechtrab und auf der Vorhand durch die Bahn und glauben sie lösen ihre Pferde. Ich denke so geht das nicht.
Flüssig vorwärts aber im individuellen Takt des Pferdes – Nase tief aber eben nicht auf der Vorhand latschen lassen. Das ist ein Unterschied.
Merke:
durch die Bahn jagen auf der Vorhand ist kein Vorwärts- Abwärts.
Ein korrektes Vorwärts Abwärts ist immer im individuellen TAKT.
Jeden „Takttritt“ mit dem kleinen Impuls aus dem Bein bestimmen.
Ich helfe mir da oft in dem ich laut mitspreche:
„Takt, Takt, Takt, Takt, …“
Wenn ich zu schnell bin hilft mir das ganz gut den richtigen Rhythmus zu finden.
Merke ich es wird jetzt anstrengend für mein Pferd wird eine Schrittphase eingeleitet.
Ist jetzt auch individuell ob am langen Zügel oder in der Anlehnung – kommt eben in dem Moment darauf an was gerade besser ist, Gefühlssache.
Merke:
Beim Vorwärts-Abwärts-reiten soll das Pferd Kopf und Hals fallenlassen und sich vertrauensvoll an das Gebiss heran dehnen.
Wichtig dabei dass das Pferd die Anlehnung nach vorne sucht und nicht die Reiterhand rückwärtszieht.
Die Nase des Pferdes geht dabei in Richtung Boden und der Hals wird „lang“ in einem Bogen nach unten fallen.
Das bedeutet ich treibe quasi das Pferd in diese Dehnungshaltung. Bitte auch bei dem jetzt schnelleren Tempo nicht den Takt verlieren.
Takt ist nicht immer gleich, der variiert natürlich auch bei Tempounterschieden, aber es ist immer ein Rhythmus den der Reiter vorgibt durch seinen Schenkel und durch anspannen oder loslassen der Mittelpositur. Ich meine damit das Pferd nicht einfach „laufen lassen“, sondern trotz Schwung gleichmässig zu reiten (treiben). Der Reiter bestimmt den Takt, immer.
Wichtig: Das Pferd soll allerdings nicht nur die Nase senken, sondern gleichzeitig auch fleißig mit der Hinterhand mit treten.
Auch beim Lösen und Leichttraben kann man Tempounterschiede einbauen oder Bahnfiguren wie dreifache Schlangenlinie mit Sitzparade beim Überreiten der Mittellinie usw… Nur kleine Bögen wie Volten würde ich anfangs noch weglassen.
Man muss auch nicht immer leichttraben zu Beginn – wenn ihr das Pferd im Schritt mit Biegearbeit aufwärmt dann könnt ihr auch gleich aussitzen.
Galopparbeit im leichten Sitz kann man auch schon einbauen und viele Übergänge.
Zwischendurch die Schrittphasen oder eben Schrittlektionen nicht vergessen. Wenn ihr zum Beispiel Schulterherein übt dann reichen zwei Bahnlängen auf jeder Seite, finde ich.
Lektionen nie zu lange reiten und auch hier abwechseln.
Die Arbeit in der „kürzeren“ Anlehnung und der Versuch ein wenig in Aufrichtung zu reiten kommt dann nach der Lösungsphase und dauert bei uns aktuell nicht länger als 10 Minuten.
Übungen die wir im Moment machen: Zirkel verkleinern und vergrößern / Achtervolten mit und ohne Übergang – im Trab mit Schrittübergang – aber auch Galopp und Trabübergänge.
Bei der Galopparbeit ist es wichtig immer „Schulterherein“ zu denken als Reiter – sonst kommen die Pferde meist schief mit der Kruppe nach innen. Und versuchen bergauf zu galoppieren und nicht auf der Vorhand. Das geht auch schon mit jungen Pferden.
Zum Abschluß noch im TAKT (!!!) vorwärts – abwärts dehnen lassen auf beiden Händen und dann noch 5 bis 10 Minuten Schritt reiten oder führen. Auch hier steige ich gerne ab und führe mein Pferd die letzten Minuten. Wie beschrieben ist das eben unser momentaner Trainingseinheitenaufbau. Natürlich kann man das nicht genau so auf jedes Pferd ummünzen… Alles ist immer INDIVIDUELL. Ich hoffe aber die Frage annähernd beantwortet zu haben J
Zusammengefaßt:
20 Minuten Schritt
10 bis 20 Minuten lösende Arbeit (Übergänge / Takt / ordentliche Hufschlagfiguren / wenn nötig zwischendurch kurze Schrittphasen)
10 Minuten Anlehnung erarbeiten und Takt
zum Abschluss noch vorwärts abwärts am langen Zügel dehnen lassen
5 bis 10 Minuten Schritt
TAKT, LOSGELASSENHEIT und die ANLEHNUNG sind essentiell in der Grundausbildung und auch später beim aufwärmen und lösen bei der täglichen Arbeit immer wichtig zur Entwicklung der Schubkraft.
Die Entwicklung der Tragkraft kommt mit den nächsten Punkten der Ausbildungsskala vermehrt.
Der Takt ist IMMER die Grundlage und geht mit der Losgelassenheit Hand in Hand.
Nur wenn das Pferd gleichmäßig tritt können seine Rückenmuskeln gut und korrekt arbeiten. Und nur wenn die Rückenmuskulatur frei arbeiten kann, kann das Pferd losgelassen gehen – der zweite Punkt in der Skala der Ausbildung…
Hört nicht auf die Anderen, geht euren eigenen Weg!
Jedes abschnauben eures Pferdes wird euch das bestätigen!
Alles Liebe, Dani. (Text: Daniela Geiger)
Mein erstes Buch ist auch seit dem 15. Oktober 2015 erhältlich.
Wege zur Harmonie mit dem Pferd – sanfter Umgang, gutes Reiten.
Ein Ratgeber für Freizeitreiter und Menschen die gerne mit dem Reiten beginnen möchten…
einfach und verständlich für Jedermann erklärt.
Themen rund um das Pferd und Reiten, die uns Reiter täglich im Pferdestall beschäftigen und ein Plädoyer für Fairness gegenüber dem Pferd und einer guten Portion Selbstkritik…Trainingsideen, Vertrauensaufbau, auch Trauerbewältigung…
hoffentlich verständlich erklärt.